Dienstag, 26. Juli 2011

4 Comedy-Serien, die es mehr verdienen würden als Two and a Half Men ständig bei Facebook zitiert zu werden

Ja ich gebe es zu, ich bin ein Serien-Snob. Ich kannte How I met your Mother schon lange bevor es schlecht synchronisiert die Lücke schloss, die ansonsten humorlose Menschen in Deutschland in ihrem Leben verspürten, nachdem sie alle Two and a Half Men Folgen 3x gesehen hatten. Wobei mittlerweile auch schon wieder alle Barney-Sprüche mehrmals auf Facebook zu finden sind, der letzte homophobe Höhlenmensch die verspätete Erkenntnis, dass ihr Serienheld schwul ist, verkraftet hat und die Masse langsam weiterzieht zu The Big Bang Theory. Und natürlich macht es mich auf eine kindische Art wütend, dass alle Leute mit jahrelanger Verspätung diese Serien jetzt plötzlich in den Himmel loben und ihre besten Sprüche bei jeder schlechten Gelegenheit in schlechter Übersetzung endgültig zu Grabe tragen. Natürlich ist es lächerlich Serien nicht mehr zu mögen, weil sie plötzlich alle lieben, obwohl sie doch früher nie auf meine Empfehlungen gehört hatten, aber was mich eben immer wieder traurig macht ist, dass alle diese in Deutschland hochgelobten Serien ihren Zenit schon lange überschritten haben (How I Met your Mother: Von einer sympathischen Serie, zur Barneyshow und dann zu einer schlechten Selbstkopie) oder nie gut waren (Two and a Half Men: Jetzt mal ehrlich, wenn der Junge nicht älter werden würde, wer wüsste spontan, welche Staffel er/sie grade schaut?), während andere andauernd kreativen Serien ein Schattendasein fristen.

Das liegt natürlich zum einem an der Situation auf dem deutschen Fernsehmarkt: Es werden fast nur die größten Hits aus den USA nach einigen Jahren Anlaufzeit gekauft oder aber unerklärlicherweise Serien, die dort bereits abgesetzt wurden. Die wenigen anspruchsvollen und kreativen Serien werden dagegen spät nachts verheizt oder fristen auf Spartensendern ein Dasein fern vom Publikum. Natürlich gibt es in den USA ein ähnliches Problem, auch wenn dort die Auswahl einfach viel größer ist. Dazu kommt aber auch noch die Einschränkungen, die eine Synchronisierung mit sich bringt. Natürlich wird jetzt wieder die gute Arbeit der Synchronindustrie in Deutschland gepriesen und angeführt, dass ein krampfhaftes Festhalten am O-Ton bei Serien und Filmen elitär sei und nicht durchsetzbar beim Publikum. Dazu sage ich nur: In anderen Ländern funktioniert es doch auch mit Untertiteln und zumindest eine Wahl zwischen ungenauer Übersetzung und der spannenden Vielfalt des englischen Sprachraums sollte dem Zuschauer gegeben werden. Synchronisierung raubt vielen Serien ihre Einzigartigkeit und ihren Charme, sie ist der große Gleichmacher mit ewig gleichen Sprechern für gänzlich unterschiedliche Figuren oder aber unerwarteten Wechseln der Stimmen bei geliebten Figuren. Noch schlimmer aber verhindert die Synchronisierung vielen Serien ihren ohnehin schon schwierigen Weg zum deutschen Publikum. Gerade kreative Comedys gelten als unübersetzbar oder flachen durch grobe Übersetzungen soweit ab, dass sie nicht mehr witzig sind. Der deutsche Zuschauer nimmt daher noch mehr als sein US-Gegenpart Vorlieb mit den Serien, die einen so groben Humor haben, dass sie auch gänzlich ohne Worte auskommen würden (Two and a Half Men) oder er ist durch die jahrelange Konditionierung auf deutsche Synchronstimmen und Laugh-Tracks dazu bereit über alles zu lachen, was ihm als Hit vorgelegt wird, auch wenn ekelhafte Snobs wie ich die übersetzten Witze ihrer einstigen Lieblingsserien nicht wieder erkennen.
Okay genug gejammert, es sollte ja eine Liste mit Empfehlungen werden. Nur noch eine kleine Warnung. Die folgenden Serien gibt es meistens nur auf DVD im Originalton und sie werden auch den deutschen Markt nur selten erreichen oder sind dort bereits sang- klanglos untergegangen. Diese Serien erfordern darüber hinaus oft Aufmerksamkeit und können nicht nebenbei konsumiert werden: Sie sind schnell, haben komplexe Running Gags und erfordern Kenntnisse in Weltgeschehen und Popkultur. Wenn man sich auf das alles einlässt einlässt wird man dafür belohnt mit Serien, die einen hohen Wiederanschauungswert bei gleichzeitiger Einzigartigkeit besitzen. 


Community

Community ist für mich eine Brückenserie. Sie verbindet die Stärken von Scrubs und Arrested Development, zwei meiner absoluten Lieblingsserien, die leider (oder im Falle von Scrubs, eher endlich) bereits abgesetzt worden sind. Community hat interessante und durchgehend hoch sympathische, liebenswerte Figuren, bei denen nicht nur Witze zählen, sondern auch Persönlichkeit und Charakterentwicklung (wie auch bei Scrubs). Gleichzeitig sprengt die Serie aber alle Konventionen von Comedy-Serien und traut sich immer wieder Dinge, die andere Serien, die in immer gleichen Bahnen schwimmen, niemals wagen würden (wie zuvor auch Arrested Development). Der Inhalt der Serie ist schnell erzählt und klingt ohne Vorwissen über die Genialität der Serie auch eher langweilig: Ein arroganter und egoistischer Anwalt, der sich das Examen erschlichen hat, muss seine Ausbildung an einem Community College nachholen. Um einer Frau aus seinem Spanischkurs nahe zu kommen gibt er vor eine Lerngruppe gegründet zu haben. Der Die Idee geht nach hinten los, wenn immer mehr Mitschüler davon erfahren. Auch hierbei werden zunächst alle Figurenklischees erfüllt: Streberin, Sportstar, Nerd usw. finden ihren Weg in die Lerngruppe. Doch wie oben bereits erwähnt, schafft es Community erstaunlich schnell diesen Prototypen Leben einzuhauchen und dabei gleichzeitig schreiend komische aber auch extrem ambitionierte Geschichten zu erzählen. Vor dieser Universitätskulisse sind die unterschiedlichen Folgen gleichzeitig Geschichten aus dem Alltag der Studierenden und liebevolle Homages an verschiedene Filmgenres und popkulturelle Meilensteine. In einer der außergewöhnlichsten Folgen eskaliert ein Paintballturnier an der Universität bis zum Zusammenbruch der Zivilisation und erschafft dabei eine Actionfilmparodie, die in nur 20 Minuten bei einem Serienbudget viele seiner Vorbilder in den Schatten stellt. All das ist natürlich nicht realistisch, aber komischerweise nie unglaubwürdig im Kontext der Serie und es wird niemals die Weiterentwicklung der Figuren oder der Story für den schnellen Gag geopfert. Trotz all dem Wahnsinn bleibt es eine Gruppe von Personen, mit denen jeder gerne in einer Lerngruppe wäre! 


It's always Sunny in Philadelphia

„Sunny“ ist sicherlich die schwärzeste Comedy-Serie in diese Auswahl. Sozusagen ein „Anti-Friends“, geht es in der Serie um drei Jugendfreunde, die gemeinsam mit der Schwester des Einen eine heruntergekommene Bar in Philadelphia besitzen und betreiben. Die Bar läuft dank fehlendem Ambiente, Service oder irgendeiner Attraktion fast immer schlecht und lässt den Vier genug Zeit sich schwachsinnigen Diskussionen und hirnlosen Abenteuern zu widmen. Die Serie hat keine Moral; die Figuren besitzen keinen Funken Anstand und gerade das macht die Serie so reizvoll. Charlie, Mac, Dennis und Dee sind zutiefst ignorant, eigennützig und tun alles für den eigenen Vorteil. Sie arbeiten in unterschiedlichen Konstellationen gegen- und füreinander und stürzen dabei auch immer wieder andere Personen, die ihren Weg kreuzen, ins Unglück. Wie die Barbesitzer mit ihren Mitmenschen oder mit sich untereinander umgehen ist bestenfalls rücksichtslos, oft sogar grenzwertig psychopathisch, immer aber so witzig, dass Lachkrämpfe nur kurz von Moralkonflikten und Anfällen akutem Fremdschämens unterbrochen werden. Einziger Lichtblick auf der Sympathieskala ist Charlie, der durch seine grenzenlose Einfältigkeit und ein naiv kindliches Weltbild die Serie vor der absoluten Dunkelheit bewahrt. Vervollständigt wurde der Cast in der zweiten Staffel von Danny Devito (in der Serie Dee und Dennis Vater), der sich so für die Serie begeisterte, dass er deren Schöpfern (die auch gleichzeitig die Hauptrollen spielen) einen weitgehenden Freifahrtschein für seine Figur gab. Diese Serie traut sich einfach vieles, dass andere Serien niemals wagen würden, dabei geht es aber nie nur um die Grenzüberschreitung, sondern alles dient zuallererst dem Humor der Serie, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten.



Party Down

Party Down lässt sich nur schwer als typische Comedy verkaufen: Es geht um Schauspieler, die sich mit Cateringjobs über Wasser halten, während sie immer noch auf ihren großen Durchbruch hoffen. Hauptfigur ist der desillusionierte Henry, der nach langen, fast durchgehend erfolglosen Jahren im Showbusiness endgültig aufgeben und sich in sein Schicksal als Vollzeitkellner fügen will. Seine Kollegen befinden sich irgendwo zwischen naiver Hoffnung und beißendem Zynismus im Bezug auf ihre Karrieren und wachsen derweil zu einer extrem disfunktionalen Familie zusammen. Die Arbeit ist zweitrangig und es wird auch nur das nötigste getan. Stattdessen stolpern die Figuren von einer Katastrophe zur nächsten. Der eigentliche Cast besteht aus weitgehend unbekannten aber talentierten Schauspielern. Henry und Casey, die erfolglose Standup-Comedienne, entwickeln eine aus Langeweile geborene Beziehung, die das Herz der Serie bildet und treiben darüber hinaus mit ihrer trockenen „who cares“-Attitüde ihren Chef Ron in den Wahnsinn, der mit durchgehend hohem Fremdschäm-Potential von einem Nervenzusammenbruch in den nächsten schlittert. Constance, eine Veteranin aus dem Showbusiness, die sich noch immer für jung und hip hält, wurde nach einer Staffel von der frisch geschiedenen Schauspielermutter Lydia ersetzt. Abgerundet wird das Ensemble von Schönling Kyle und Misanthrop Roman, die eine innige Abneigung zueinander hegen, aber gleichzeitig zu derselben weltfremden Selbstüberschätzung neigen. Die wechselnden Kulissen der Cateringevents, von einem 16. Geburtstag über Mafiositreffen bis hin zu einer Afterparty der Pornobranche, bieten nicht nur Gelegenheiten für unzählige Peinlichkeiten und absurde Situationen, sondern auch die Möglichkeit für unzählige Gastschauspieler in kleinen aber brillanten Rollen zu glänzen. Nach nur zwei kurzen Staffeln auf einem Spartensender fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde die lange geplante Herzensangelegenheit von den Machern von Veronica Mars (eine weitere großartige Serie, die durch falsches Marketing und in Deutschland auch durch eine Softcore-Porno-Synchronisation ins Verderben geschickt wurde) und Paul Rudd (der mittlerweile als Comedy-Star in Filmen zu Berühmtheit gelangt ist) abgesetzt.


Arrested Development

Arrested Development bleibt für mich eine der, wenn nicht die beste Comedy-Serie aus den USA überhaupt. Es geht um Michael Bluth, den einzig vernünftigen Sohn eines Bauunternehmers, der nach der Inhaftierung seines Vaters, nicht nur die Firma, sondern auch seine extrem disfunktionale Famile zusammenhalten muss. Seine Zwillingsschwester Lindsay und seine beiden Brüder Gob und Buster haben keinen Tag in ihrem Leben gearbeitet und verbringen ihre Zeit dagegen respektive als erfolglose Aktivistin, Möchtegernzauberer und Dauerstudent unter Mutters Rockzipfel. Michaels Sohn George Michael und dessen Cousine Maeby entwickeln unter diesem Einfluss bereits eigene Neurosen und auch eine ungesunde und geheime Zuneigung füreinander, während Lindsays Mann Tobias nach seinem Berufsverbot als Therapeut versucht Schauspieler. Clanmutter Lucille trinkt ununterbrochen, untergräbt Selbstbewusstsein aller ihrer Kinder und beginnt eine Affäre mit dem dauerbekifften Zwillingsbruders ihres Mannes. Dieser dagegen verbringt die drei Staffeln der Serie abwechselnd im Gefängnis, unter Hausarrest oder auf der Flucht, nachdem immer mehr Anklagepunkte gegen ihn erhoben werden. Dabei schafft Arrested Development das unmögliche: Alle Personen sind zutiefst voller Fehler und oftmals richtige Arschlöcher, bleiben aber trotzdem noch irgendwie sympathisch und vor allem immer unglaublich witzig. Die Serie erfordert eine hohe Aufmerksamkeit von ihren Zuschauern, (ein Grund wieso der große Erfolg trotz durchweg positiver Kritiken und einer leidenschaftlichen Anhängerschaft ausblieb) verbindet Situationskomik und Slapstick mit aufwendigen Wortwitzen und einem Feuerwerk an popkulturellen Anspielungen. Immer wieder werden Running Gags aufgegriffen, verändert, erweitert, es gibt liebevoll geplante Szenen, die zentrale Momente der Handlungsstränge vorgreifen und besonders zum Ende hin auch zunehmend selbstreferentielle Gags, die auf schlechte Einschaltquoten der Serie anspielen, gleichzeitig aber auch im Kontext der Serie Sinn machen! Abgerundet wird das ganze von einem allwissenden Erzähler, der das ganze Geschehen trocken kommentiert. Wem das jetzt alles zu technisch ist dem sei gesagt: Es ist einfach verdammt witzig! Wenn man sich nur ein wenig darauf einlässt, erhält man eine grandios witzige Serie, mit einem fehlerlosen Ensemble-Cast und nahezu unbegrenztem Wiederanschauungswert (weil es immer wieder witzig ist, aber auch weil immer wieder etwas neues entdeckt werden kann, oder ein Witz zum ersten Mal richtig verstanden wird).

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