Victoria
Victoria folgt der gleichnamigen Protagonistin (Laia Costa)
in Echtzeit durch die frühen Morgenstunden von Berlin.
Sie ist eine Spanierin, die seit kurzem in der Stadt lebt und dort am Ende
einer einsamen Clubnacht auf vier "echte Berliner Jungs" trifft. Nach einigen betrunkenen Stationen
nimmt die Nacht eine ungewohnte und schockierende Wendung...
Victoria wurde in Echtzeit, vollkommen ohne Schnitte in einer einzige, langen Aufnahme gedreht. Das
wurde dem Film oft als Gimmick angelastet oder als Hauptaufhänger in Kritiken
benutzt. Es ist auch schwierig den Film ohne diese Technik zu bewerten, aber
mehr weil es absolut integral für das Filmerlebnis ist. Alleine sich
vorzustellen, was für eine Planung und Liebe zum Detail nötig war, um diesen
Film "fehlerfrei" drehen zu können, ist schon mühsam. Viel wichtiger
aber sind diese technischen Aspekte für die Wirkkraft des Films. Der Zuschauer steckt
im wahrsten Sinne des Wortes direkt in der Handlung. Es gibt kein Entkommen und
keine Pause. Von den ersten Momenten kleiner Peinlichkeiten beim Kennen lernen
bis zum nervenaufreibenden Finale, packt einen der Film und lässt nicht
mehr los.
Die Schauspieler sind allesamt grandios und spielen auf so
natürliche, realistische Weise, dass das auf Hollywood getrimmte
Zuschauerhirn sie zuerst für schlecht halten könnte. Besonders hervor zu
heben ist aber auf jeden Fall Laia Costa, die eine absolute Tour de
Force-Darstellung abliefert, die trotzdem nie übertreibt oder unrealistisch wird. Eine eben solche Tour de force-Leistung gibt auch Kameramann Sturla Brandth Grøvlen, der es trotz körperlich zermürbender Marathonarbeit immer noch schafft, dem Film visuellen Flair zu verleihen.
Victoria ist gute zwei Stunden lang, fühlt sich aber
abwechselnd viel länger an oder fast schon atemlos kurz. Die Handlung des Films
ist dabei weder besonders originell noch welterschütternd, aber durch die
phänomenale Umsetzung, wird sie zu etwas ganz Besonderem. Ich weiß nicht, ob mich ein Film schon jemals so physisch mit genommen und aufgeregt hat.
In einer post-apokalyptischen Wüsten-Welt, die von Warlords
mit Zugang zu Wasser und Benzin kontrolliert wird, gerät der Einzelgänger Max
unfreiwillig zwischen die Fronten als eine Gruppe "Gebär-Sklavinnen" versucht ihren Peinigern zu
entkommen.
Fury Road wurde vor allem wegen seines Verzichts von CGI
zugunsten praktischer Effekte und der überraschend feministischen Botschaft
gepriesen. Beides ist wohl verdient, verkauft aber den eigentlichen Film noch
unter Wert. Ein Action-Film mit mehreren substanziellen, gut geschriebenen
Rollen für Frauen ist leider immer noch eine Seltenheit. Und die unzähligen
Stunts und praktischen Effekte verzichten nicht nur weitgehend auf
CGI, sondern strotzen auch vor Kreativität und versprühen purem
Nervenkitzel.
Neben diesen Besonderheiten ist Fury Road aber auch einfach
der beste Actionfilm seit Ewigkeiten. Eine Fortsetzung, die keine bloße Kopie
ist und ohne die Vorgänger funktioniert, eine straffe, aber nie dünne Handlung und ein atemloses Spektakel, das
trotzdem nie seine Figuren vernachlässigt. Und nicht zuletzt sind Charlize Theron
und Tom Hardy in den Hauptrollen an Intensität kaum zu überbietende
Offenbarungen.
It Follows
Jay hat Sex mit ihrem mysteriösen Date Jeff und erfährt, dass er ihr damit einen tödlichen Fluch weiter gegeben hat. Eine unerbittliche, gestaltwandelnde Figur folgt ihr von nun an und wird sie töten, wenn sie den Fluch nicht an eine andere Person weiter gibt.
Diese Beschreibung klingt nach einem unoriginellen Horrorfilm gemischt mit altbackener Sex-Paranoia. Stattdessen ist It Follows ein Film, der psychologischen Horror auf geniale Weise mit einem Coming of Age-Film mischt. Es gibt fast überhaupt kein Blut oder Schockmomente, dafür aber ein sich bis ins Unerträgliche steigerndes Unbehagen und eine äußerst realistische Paranoia, die auf perfide Weise auf den Zuschauer über springt. Der Film übt sich daneben in zwei Tugenden, die für Horrorfilme höchst ungewöhnlich, aber dafür umso effektiver sind: Geduld und ein Auge für Komposition. Der Film ist voller Schönheit und Ruhe, hinter denen sich die Hässlichkeit, der Schrecken und das unerbittliche Böse verbergen. Dazu hat der Film mit Maika Monroe einen zukünftigen Star in der Hauptrolle und einen fantastischen, schlichtweg furchteinflössenden Soundtrack, der das Filmerlebnis um ein vielfaches intensiviert.
Ex Machina
Ein Mitarbeiter eines Suchmaschinenanbieters erhält durch eine Firmen-Lotterie die Möglichkeit eine Woche im abgeschiedenen Haus seines genialen wie seltsamen Arbeitgebers zu verbringen, um dort die im Geheimen entwickelte Künstliche Intelligenz Ava zu testen.
Ex Machina ist geduldiger Thriller und nervenaufreibendes Kammerspiel, verpackt in einen wunderschönen Science Fiction-Film. Der Film stellt die sehr männlichen Fantasie eine perfekte Frau zu schaffen interessant auf den Kopf. Die recht vorhersehbaren Wendungen des Films sind nicht schlimm, da der Zuschauer bis zum Ende nicht weiß, wer der drei Protagonisten hier gerade wen manipuliert oder von wem manipuliert wird. Alle drei Schauspieler zeigen dabei auch eindrucksvoll, wieso sie bald große Stars sein werden.
Spring
Nach dem Tod seiner Mutter reist ein junger Amerikaner planlos in ein italienisches Küstendorf, wo er bei einem Bauern anheuert und sich in eine geheimnisvolle Biologin auf Forschungsreise verliebt.
Das erste Drittel von Spring ist eine durchaus gekonnte Variante natürlicher Beziehungsfilme und leiht sich dabei Dialoge und Kulissen von Richard Linklaters Before-Filmen. Doch von Anfang an liegt unter dieser angenehmen und bekannten Story etwas surreales, beunruhigendes. Diese Vorahnungen können trotzdem kaum auf die Wendungen vorbereiten, die der Film nimmt. Am bemerkenswerten aber ist, dass Spring nicht einfach mit einem Twist endet oder wie viele Filme einfach mittendrin das Genre ändert, sondern organisch unterschiedliche Genres verbindet und zu einem ebenso tollen, wie schlüssigen Ende findet. Mehr verraten sollte man aber nicht...
Whiplash
Ein junger Jazz-Drummer wird von einem legendären Lehrer in die Elite-Band seiner Universität berufen. Der vermeintliche Traum wird bald zum Alptraum, da der Lehrer in seinen Methoden alle Grenzen überschreitet und den Schüler körperlich und psychologisch an seine Grenzen und darüber hinaus bringt.
Es ist schwer zu glauben, dass ein Film über Jazz-Musik der wohl nervenaufreibendste Thriller seit langem ist. Miles Teller und J.K. Simmons liefern unglaubliche Schauspielleistungen als zwei ebenso besessene Ausnahmetalente in einem brutalen Kampf, ausgetragen im Klassenraum einer Musik-Schule. Die komplexe, dynamische Jazz-Musik, die hier gespielt wird, bildet dazu einen tollen und ungewöhnlichen Soundtrack.
Copenhagen
Am Ende einer gemeinsamen Europareise wird der antriebslose Amerikaner William von seinem besten Freund für eine Frau sitzen gelassen. Mit Hilfe der nur halb so alten Effy sucht er dann nach Spuren der Kindheit seines jüngst verstorbenen Vaters in der Stadt und nach seinem ihm unbekannten Großvater.
Copenhagen wirkt zunächst wie ein weiterer Film über einen unreifen Mann und die magische Frau, die ihn errettet, mit dem beunruhigenden Zusatz, dass die Frau hier ein erst 14-jähriges Mädchen ist. Doch es geht in dem Film nicht wirklich um eine romantische oder gar sexuelle Beziehung, sondern um eine schicksalhafte Begegnung zwischen zwei orientierungslosen, verlorenen Menschen. Es hilft, dass besonders Frederikke Dahl Hansen eine schauspielerische Offenbarung ist und sowohl die Musik als auch die wunderbare Kulisse Kopenhagens exquisit ist.
Kingsmen: The Secret Service
Ein junger Engländer aus der Unterschicht bekommt die Chance
in die geheime und elitäre Spionage-Agentur aufgenommen zu werden, der sein
verstorbener Vater angehört hat. Diese befindet sich gerade im Kampf mit einem
Technik-Mogul, der mit brutalen Methoden die Überbevölkerung der Erde lösen
möchte.
Kingsmen ist ein selbstreferentieller Nostalgietrip in eine
Zeit in der Spionagefilme noch bevölkert waren von gut gekleideten Gentlemen
und farbenfrohen Superschurken mit absurden Weltherrschaftsplänen. Vermischt
wird das Ganze mit provokantem Humor, atemlosen Action-Szenen und überbordender Brutalität. Kingsmen entstand nach einem Comic von Mark Millar und wurde
verfilmt von Matthew Vaughn - dem Team von Kick-Ass. Und Kingsman ist für
Spionagefilme dieselbe Frischzellenkur, die Kick-Ass für Superheldenfilme war.
Und auch wenn der Film dieselben Probleme hat, macht er doch auch so viel Spaß
und unterhält durchgehend so prächtig, dass man das gerne verzeiht.
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