Montag, 28. Mai 2012

Nicolas Cage – Unser Bester und schlechtester Schauspieler Hollywoods


Nicolas Cages Filmkarriere ist schon fast schizophren. Es ist zwar normal, dass bekannte Filmstars neben großen Hits, auch einige unbekanntere Qualitätsfilme und ebenso richtig schlechte Filme nur für das Geld abliefern, aber in einem Umfang und einer Intensität wie bei Nicolas Cage, das ist wirklich selten.


Großartige Filme: 
 

Matchstick Men / Tricks

Cage als neurotischer, von Zwangsstörungen schwer beeinträchtigter Trickbetrüger, dessen mühsam aufrecht erhaltenes Alltagsleben, durch das plötzliche Auftauchen einer ihm bis dahin unbekannten Tochter im Teenageralter, zerstört wird. Der Film fühlt sich wohl irgendwo zwischen den Eckpfosten Familiendrama und intelligenter, düsterer Komödie mit einer Prise Action und überraschenden Wendungen. In den vielen Ticks und Neurosen der Figur kann Cages überdimensionales Schauspiel wunderbar kanalisiert werden. 

Adaption

Zu viel von der Handlung zu verraten würde nicht nur das Seherlebnis vermiesen, sondern auch einfach total verwirren. Cage spielt Charlie Kaufman, den neurotischen Drehbuchschreiber von Being John Malkovich (und auch von diesem Film), der unter einer Schreibblockade bei der Adaption eines Sachbuches über Orchideenzüchtung leidet und schließlich widerwillig von seinem weniger begabten aber erfolgreichen Zwillings-Bruder Hilfe (natürlich ebenfalls von Nicolas Cage gespielt) annimmt. Sie spionieren der Autorin des Sachbuchs und der Hauptfigur ihres Buches hinterher und es verschmelzen zunehmend die Grenzen zwischen dem Leben der Brüder und dem unfertigen Drehbuch...klingt verwirrend? Ist es auch, aber ebenso großartig und fantastisch gespielt.

Leaving Las Vegas

Nicolas Cage spielt einen beruflich und privat gescheiterten, alkoholkranken Drehbuchautor, der beschließt nach Las Vegas zu gehen um sich dort zu Tode zu trinken. Dort lernt er eine Prostituierte (Elisabeth Shue) mit eigenen Problemen kennen, zu der er eine ungewöhnliche Freundschaft entwickelt: Sie darf ihn nicht an seinem Vorhaben hindern und er darf nichts zu ihrem Beruf sagen. Zwischen den beiden verlorenen Seelen entwickelt sich aus dieser hoffnungslosen Ausgangslage eine intensive und ungewöhnliche Beziehung. Leaving Las Vegas ist ein unheimlich deprimierender und trauriger Film, aber auch unbedingt sehenswert. Und Nicolas Cage hat hierfür vollkommen zur Recht u.a. einen Oscar und einen Golden Globe erhalten.

Bringing out the Dead

In diesem überraschend unbekannten und definitiv unterschätzten Film von Martin Scorsese ist Nicolas Cage einfach perfekt besetzt. Seine manische Energie entfesselt er hier für die Rolle eines Krankenwagenfahrers, den die unaufhörlichen Begegnungen mit Leid und Tod zunehmend zermürben und kaputt machen. Der Film ist düster, hässlich und schwankt zwischen der Monotonie und der plötzlichen Aufregung, die das Arbeitsleben von Cages Figur ausmachen. Die getriebene und nervöse Darbietung von Cage passt hier wieder einmal hervorragend zur Rolle.

Weitere (scheinbar) gute Filme, die ich leider noch nicht gesehen habe: Rasing Arizona, Wild at Heart, Mondsüchtig, Bad Lieutenant

Auch noch gut:



Kick-Ass

Einer der Vorreiter des Genres „realistische" Superhelden-Filme; handelt von einem Jugendlichen, der, zunächst mit wenig Erfolg, beschließt Superheld zu werden. Dabei erregt er nicht nur die Aufmerksamkeit der Kriminellen seiner Stadt, sondern auch von einem Vater-Tochter-Gespann, das schon länger im Superhelden-Geschäft ist. Cage spielt dabei den Vater und die Rolle zwischen liebevollem aber total durchgeknallten Vater und knallharten, überlebensgroßem Batman-Verschnitt meistert er im Schlaf.

Lord of War

Cage spielt einen Waffenhändler, dessen Werdegang der Film wiedergibt. Der äußerst stylische Film bewegt sich zwischen ernstem Drama und bitterböser Komödie, ist gut besetzt und regt mit seinem konfrontativem Protagonisten und ungewöhnlichen Behandlung des Themas Waffenhandel zum Denken an.

Trashig, aber hat irgendwie was:


Con Air

Cage spielt einen Mann, der aus unverständlichen Gründen im Hochsicherheitsgefängnis gelandet ist, nachdem er aus Notwehr getötet hat. Logischerweise ist er dann Teil eines Gefängnistransports per Flugzeug auf dem sich neben ihm noch eine bunte Mischung von Psychopathen befindet, gespielt von überraschend guten Schauspielern. Selbstverständlich wird das Flugzeug von den Kriminellen übernommen und Cage ist der Einzige, der sie aufhalten kann. Es folgt Non-Stop-Action, kombiniert mit dummen Sprüchen und angereichert von allen Bösewicht-Karikaturen, die man sich nur vorstellen kann. Als Kind war der Film schon was tolles, aber mit etwas Abstand betrachtet, wirkt der Film und besonders Cages langhaarige Südstaaten-Parodie eher wie eine unfreiwillige Komödie...Spaß macht es aber trotzdem.

Face/Off

Ein typischer 90er-Jahre-Action Film: Laut, absurd, grenzdebil und trotz allem sehr spaßig, ob freiwillig oder unfreiwillig...John Travolta spielt einen FBI-Agenten, der sich das Gesicht seines im Koma liegenden Erzfeindes (gespielt von Cage) transplantieren lässt, um so an Informationen über den Ort einer bald explodierenden Bombe von dem Bruder dieses Mannes zu erfahren (wirklich nahe liegend oder?!). Natürlich geht das schief und Cage schnappt sich im Gegenzug das Gesicht von Travolta und übernimmt dessen Leben. Was folgt sind absurde Schießereien, ein Wettkampf des Over-actings und eine absolut bescheuerte und überflüssige Handlung. Trotz allem macht der Film sehr viel Spaß, wenn man das Hirn einfach ausschaltet.

Siehe auch: 
-> Nur noch 60 Sekunden: Nicolas Cage als Meister-Autodieb im Ruhestand muss in einer Nacht 50 Autos stehlen um seinen Bruder zu retten...was den Film rettet ist der absolute geniale Cast...
-> The Rock: Abtrünnige Marines nehmen in Alcatraz Geiseln, drohen mit biologischen Waffen, wenn die Angehörigen von gefallenen Veteranen nicht sofort staatliche Unterstützung bekommen, klingt wie ein schlechter Witz, aber klar nur Nicolas Cage und Sean Connery können sie aufhalten!

So schlecht, dass es schon wieder gut ist:


Vampire's Kiss 
 
Cage spielt einen Versicherungsmitarbeiter, der nach einer Begegnung mit einer mysteriösen Frau fest davon überzeugt ist von ihr in einen Vampir verwandelt worden zu sein. In der Folge beobachtet der Film Cages Figur dabei, wie er einen totalen Nervenzusammenbruch erleidet: Er verhält sich zunehmend wie ein Vampir, trinkt Blut, meidet Sonnenlicht und verfällt langsam immer mehr dem Wahnsinn. Parallel dazu belästigt und schikaniert er seine religiöse und unschuldige Sekretärin auf der manischen Suche nach verschwundenen Firmenunterlagen. Ich kann nur vermuten, dass der Film ursprünglich irgendwo zwischen gruseligem B-Movie und ernsthaftem Psycho-Drama angesiedelt war, aber durch Cages bis zur Groteske überzogenes Spiel und der sich immer weiter ins absurde steigernden Handlung, gewinnt Vampire's Kiss neues Kult-Leben irgendwo zwischen Komödie und der erschreckenden Darstellung echten Wahnsinns.

Wicker Man

Wicker Man ist das Remake eines Thrillers aus dem Jahre 1972. Jede Ernsthaftigkeit und Qualität des Films wird leider (oder zum Glück?) überschattet von Cages absolut einzigartigen Overacting. Das Internet sorgte dafür, dass Szenen in denen Cage wie von der Tarantel gestochen rumschreit oder diverse Frauen oder Figuren in Tierkostümen verprügelt, massenweise verbreitet und weiter verarbeitet wurden und somit der Film von niemandem mehr ernst genommen werden kann.

Leider noch nicht gesehen, aber Ausschnitte lassen auf „viel“ hoffen: Deadfall, Zandalee

Nicolas Cage brauchte das Geld:


Hier ist die erschreckend große Anzahl von Filmen, deren größtes Unterhaltungspotential die unzähligen Varianten an Perücken Frisuren sind, die Cage auffährt. Davon abgesehen hat man die Handlung der Filme meist 5 Minuten nach dem Abspann vergessen oder aber regt sich noch Tage später auf. Ein paar „Highlights“


Das Vermächtnis der Tempelritter & Das Vermächtnis des geheimen Buches

Billige Kopien des bewährten Dan Brown-Rezepts in dem Cage als Schatzjäger einer Karte auf der Rückseite der Unabhängigkeitserklärung(!) zu einem von den amerikanischen Gründervätern hinterlassenen Schatz(!!) sucht...im zweiten Teil wird es noch aufgeblähter und bescheuerter...Schnitzeljagden für fantasielose Verschwörungs-Fans.

Bangkok Dangerous

Nicolas Cage als Auftragsmörder in Thailand, der von seinem Gewissen geplagt ist und sich verliebt bla bla bla, mein Gott schaut euch bitte seine Haare an! Alles andere habe ich bereits vor dem Abspann wieder vergessen.

Next

Hier spielt Cage einen Mann, der zwei Minuten in die Zukunft sehen kann. Eigentlich interessante Idee...Nachdem er diese Fähigkeit zunächst nur zu seinem Vorteil nutzt, hilft er schließlich durch eine Folge von nicht erwähnenswerten Handlungsfolgen dem FBI gegen Terroristen, verliebt sich nebenbei in eine 20 Jahre jüngere Frau und blablabla

Der letzte Tempelritter

Nicolas Cage als alternder Tempelritter auf der Jagd nach einer Hexe, die sich als besessenes Mädchen heraus stellt. Nach einigem Nachdenken kommt es mir so vor, als ob ich während dem Schauen eingeschlafen bin, denn ich erinnere mich nur noch an das Ende und Cages Frisur...


In dieser Qualität gibt es sicher noch annähernd 10 weitere Filme und ich habe sie aus perverser Neugierde, wirrer Loyalität und auch einer Prise Masochismus alle gesehen!

Es bleibt nur zu hoffen, dass Nicolas Cage sich in absehbarer Zeit von seinen Schulden befreien kann oder den Pakt mit dem Teufel irgendwie aufheben kann, denn ich bin sicher nach all der Scheiße, die er in den letzten Jahren auf die Leinwand geschmiert hat, stecken noch ein oder zwei gute Filme in ihm...


und weil man es nicht oft genug anschauen kann, zum Abschluss noch mal ein herrlich treffende Zusammenfassung von Nicolas Cage's Karriere: 

 

Sonntag, 20. Mai 2012

TV Serien, die DU schauen solltest: Southland


 
Southland ist auf den ersten Blick nur eine unter den unzähligen Polizei-Serien aus dem amerikanischen Fernsehen. Doch wenn man ihr eine Chance gibt, stellt sich schnell heraus, dass die Show überraschend ausgereift, tiefgründig und auf ihre Weise sogar innovativ sein kann. Dazu ist Southland dann aber auch noch großartig besetzt und gleichzeitig endlos spannend, witzig, tragisch und nicht zuletzt angenehm realistisch...
Doch zurück zum grundlegenden: Die Serie beschäftigt sich parallel mit zwei Detective Teams und ihrer Umgebung, sowie mit einem Polizeineuling, der mit einem zynischen "Lehrmeister" auf Streife fährt. Ihre kleinen und großen Fälle überschneiden sich teilweise, laufen aber meistens wie verschiedene Momentaufnahmen des Polizeialltags neben einander her, während sich im Hintergrund übergreifende Handlungsstränge durch die kurzen Staffeln ziehen.
Die Situationen mit denen die Figuren in Southland konfrontiert werden beinhalten von Verkehrskontrollen bis hin zu Mordserien und Schießereien alles aus dem Berufsalltag von Polizisten in den USA. Natürlich wird der Cop-Alltag in der Serie etwas gestrafft und oft auf besonders spannende und außergewöhnliche Fälle reduziert, aber die Show ist trotzdem meilenweit entfernt von den glamourösen und absurden Supercops anderer Shows und deren Melodramen. Stattdessen greift Southland oft echte Vorfälle auf und bindet sie problemlos und glaubwürdig in das Arbeitsleben seiner fiktiven Protagonisten ein.


Viel wichtiger für die Show sind aber ihre Protagonisten und die Entwicklung, die sie durchleben. Das Herz der Show bildet der gerade von der Polizeiakademie abgegangene Ben Sherman (Benjamin McKenzie) und sein erfahrener Partner John Cooper (Michael Cudlitz). McKenzie als bekanntestes Gesicht der Serie dürfte mit seiner Vergangenheit in der Serie O.C. California ebenso viele falsche Fans anlocken wie Richtige abschrecken. Doch er zeigt hier einiges von seinem Talent und kommt dazu sehr natürlich rüber - eine Qualität, die für eine so realistische Show, wie Southland extrem wichtig ist. Ben Sherman klingt dann auch fast wie eine Parodie von Mckenzies bekanntester Rolle: Nach einem traumatischen Erlebnis in seiner privilegierten Kindheit beschließt Sherman Polizist zu werden und kämpft dabei immer wieder mit den Schatten dieses alten Lebens und den Vorurteilen seiner Kollegen. Sein Training Officer wird von dem ebenso exzellenten Michael Cudlitz verkörpert: Sein Officer John Cooper ist ein knallharter, oft zynischer Einzelgänger, der zunehmend unerträgliche Rückenprobleme hinter seinem Stolz versteckt und notdürftig mit unzähligen Medikamenten betäubt. Der Kontrast zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Polizisten, die gemeinsam Streife fahren, gibt schon genug explosives Potential für eine ganze Serie, doch daneben verfolgt Southland noch zwei ebenso spannende Handlungsstränge. Der ewig unterschätzte Shawn Hatosy und Kevin Alejandro (True Blood) bilden ein Team von Gang-Cops, die gleichzeitig beste Freunde sind und es mühelos schaffen den Alltag dieser Polizisten zwischen schwarzem Humor und Momenten absoluter Spannung und echter Tragik abzubilden. Besonders Hatosy als abgehärteter Cop mit Herz aus Gold hat Szenen, die jeden Zuschauer zu Tränen rühren werden und ist dabei zu jeder Zeit absolut natürlich und glaubwürdig.
Das dritte Paar wird gespielt von der fantastischen Regina King und dem daneben fast etwas verblassenden Tom Everett Scott. Kings Figur hat sich ihren Weg aus einer schlechten Nachbarschaft zur dekorierten Polizistin mühsam erarbeitet und kämpft seitdem mit unbeirrbarem Gerechtigkeitssinn gegen die Gewalt und der immer wieder auftauchenden Ungerechtigkeit, die ihr im Job begegnen. Neben diesen Figuren tauchen noch einige, hervorragende Nebenfiguren auf, die sich organisch in die Welt von Southland einfügen, ohne das die Handlungsstränge jemals überfüllt oder überhastet wirken.


Was Southland außerdem von anderen, vergleichbaren Shows unterscheidet, ist die exzellent geschaffene Unmittelbarkeit in welche die Macher den Zuschauer katapultieren. Hand Held Kameras und ein leicht körnig wirkendes Bild sind in letzter Zeit viel zu häufig benutzte Gimmicks, aber hier funktionieren sie hervorragend. In den ruhigen, alltäglichen Szenen wirkt dieser Stil wie eine unsichtbare Dokumentations-Crew, die den Zuschauer hautnah dabei sein lässt. Richtig zu wirken beginnt das Ganze dann aber vor allem bei den spannungsgeladenen Szenen, die dadurch noch realistischer wirken und dazu das Adrenalin des Zuschauers sekundenschnell in die Höhe schnellen lassen können. Wilde Verfolgungsjagden oder Ausbrüche schockierender Gewalt entstehen oft vollkommen unerwartet und unvermittelt aus Situationen polizeilicher Routine und wirken eben auch wegen der Art des Filmens viel besser als in den meisten anderen Serien. Dieses Unerwartete macht Southland dann auch nicht nur zu einer unglaublich spannenden Serie, sondern auch zu einer der Mitreißendsten. Denn aus einem scheinbar langweiligen Tag auf Streife kann sich binnen Sekunden eine Szene entfalten, die bis zum Bersten mit Spannung geladen ist. Und jede der Figuren, die wir zuvor durch die Interaktionen mit Partnern, Familien und den Menschen auf der Straße kennen und lieben gelernt haben, kann darin plötzlich in Lebensgefahr schweben oder für immer traumatisiert werden. Keine der Figuren ist, ebenso wir ihre echten Vorbilder, sicher.  Der besorgte Zuschauer verbringt immer wieder lange Minuten auf der Stuhlkante - in absoluter Angst um diese fiktiven Personen. Und das ist für eine TV-Serie eine beachtliche Leistung!


Die Auflösung von den gezeigten Fällen hat eine überraschende Bandbreite. Das hier sind keine Supercops, die alle Fälle problemlos lösen, nebenbei immer großartig aussehen und aufregende Liebesleben führen. Stattdessen machen hier echte Menschen, mit Problemen und Fehlern ihre Arbeit, kämpfen dabei gegen die Probleme des Systems, respektlose Mitmenschen und den eigenen Verdruss gegenüber einer Gesellschaft, deren schlechteste Seiten sie tagtäglich sehen müssen. Ihre Fälle sind manchmal scheinbar unwichtig und absurd, an anderen Stellen groß und dramatisch, decken so also alle Bereiche der polizeilichen Arbeit ab und geben den Schauspielern viele Gelegenheiten ihre schauspielerischen Leistungen zu demonstrieren. Das Sorgt für eine große Dichte an tollen Szenen - von kleinen, wunderbaren Momenten, hin zu eindrucksvollen Darbietungen, die jede der Folgen mit viel Leben füllen und für unaufhörliche Gänsehautschübe oder auch mal ein unerwartetes Lächeln auf dem Gesicht des Zuschauers sorgen. Wir sehen hier nicht Supermänner und -Frauen, die durch ihre Fähigkeiten der Welt ihren Stempel aufdrücken, sondern die Wirkung, die das Polizeileben auf eine gemischte Palette von normalen Menschen hat. Eine Show, die gleichzeitig einen solchen Realismus ausstrahlt und trotzdem mit das spannendste im TV/auf DVD ist, die großes Drama, mit „intelligenten“ Krimi-Anteilen und einem ungezwungenen Humor verbindet, verdient einen viel größeren Bekanntheitsgrad als es Southland jemals erreichen wird. Und das ist eine Schande!

Sonntag, 13. Mai 2012

10 Videos - Mein audiovisueller Rückblick des Jahres bisher


Langsam wird es Frühling oder Sommer, manchmal auch eher Herbst, schwer zu sagen....Egal, Zeit für einen kurzen audiovisuellen Rückblick meines Jahres 2012 bisher!


Givers & Theophilus London - Words (La Blogotheque)


Der beste Beweis dafür, dass Live-Musik einfach das Beste ist: La Blogotheque veranstalten zwei Secret Shows in einem Gebäude und der Rapper Theophilus London beschließt spontan (während seines eigenen Konzerts!) das Konzert der Indie-Band Givers nebenan zu besuchen und ein wenig zu freestylen. Die positive Energie, die dabei frei gesetzt wird ist einfach nur großartig. Nicht nur klingen die Givers live ohnehin um einiges besser als auf Platte, die Kombination mit dem Rapper passt auch noch unerwartet gut und zeigt wieder mal, dass Genre-Grenzen nur was für kleingeistige Idioten sind. Die offensichtliche Freude aller Beteiligten und die enthusiastischen Reaktionen des Publikums machen diese Version von Words zu einer der tollsten Sachen, die ich seit langem gesehen/gehört habe!


Explosions in the Sky – Postcard from 1952
 

Die euphorische Gitarrenmusik von Explosions in the Sky ist bereits wie geschaffen um emotionale und bedeutsame Szenen aus Film und Fernsehen zu untermalen. Einem ihrer Songs ein Musikvideo zur Seite zu stellen, dass nicht nur perfekt zu der sich langsam steigernden Musik passt, sondern auch noch eine atemberaubend hohe Bildqualität hat, ist also schon ein mal eine gute Idee. Das Musikvideo ist aber auch unabhängig davon eine wunderschöne Angelegenheit: Bilder aus den 50er Jahren, die wichtige Momente im Leben von Kindern festhalten wurden belebt und verwandeln sich in emotionale und fantastisch gefilmte Szenen. 

 
Charlene Soraia – Daffodils (Crypt Sessions live)
 

Diese Version von Daffodils ist noch mal um Welten besser als die bereits wunderschöne Studio-Version. Ein Song, der die Seele streichelt, wie die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Es ist schwer sich zu entscheiden, wo man hinschauen/hören soll: auf Soraia's wunderbar warme und beeindruckend variable Stimme oder auf ihr mindestens ebenso beeindruckendes und ungewöhnliches Gitarrenspiel, mit dem sie diesem Song Komplexität und doch auch irgendwie eine Leichtigkeit verleiht. 

 
Sharon van Etten & Shearwater - Stop Draggin’ My Heart Around


Die Idee hinter dieser Cover-Version ist schon genial. Alle möglichen Bands covern Songs aus einer von der Seite AV Club zusammen gestellten Liste bis alle Stücke gespielt wurden – nach dem Motto, wer zuerst kommt, covert zuerst. Dabei entstehen interessante und vor allem ungewöhnliche Versionen. Das Duett von Stevie Nicks und Tom Petty ist für beide am Cover beteiligten Parteien ungewöhnlich rockiges Terrain, doch nach einer Aufwärmphase steigert sich diese Version zu einer wütenden und sexuell aufgeladenen Rock-Nummer.


Chairlift – Met before

 

Ein Ohrwurm bekommt ein interaktives Musikvideo zur Seite gestellt, in dem der Zuschauer selbst entscheiden kann, wie die Story weitergeht und so gut und gerne mal 30 Minuten mit diesem Song verbringt, sodass er sich (wohl verdient) endgültig in die Gehörgänge einfräst.




 
St. Vincent – Krokodil (live at Coachella 2012)

Gibt es etwas, das cooler und/oder sexier ist als Annie Clark, vor allem wenn sie einen kompletten Song mit für sie ungewöhnlicher Inbrunst singt/schreit, während sie durch die absolut ekstatische Menge crowdsurfed? Wohl kaum...selten habe ich ein Publikum so beneidet...traurigerweise war wohl die Hälfte zu beschäftigt das ganze zu filmen, statt es zu genießen. 


The Dove & the Wolf – Insane, in Love


Die beste Rechtfertigung für die Existenz von youtube sind Channel wie La Blogotheque, CryptSessions oder eben Cargo Video, in denen mehr oder weniger unbekannte Bands die Gelegenehit bekommen, in intimen und oft ungewöhnlichen Umgebungen, ihre Musik vor zu stellen und ihr darüber hinaus noch eine neue Qualität verleihen können. Ein weiteres, beeindruckendes Beispiel dafür ist dieser wunderschöne A Capella Song von The Dove & The Wolf.


Beat Battle 2012- The Tournament

Knapp 5 Minuten übermenschlicher Bewegungen, genial in Szene gesetzt. 

 Will the real Mitt Romney please stand up? (Eminem Cover)

 



Sicherlich die beste, lustigste und aufwendigste Eminem Cover-Version überhaupt und eine gute Repräsentation der republikanischen Vorwahlen in den USA, bei denen man nie weiß, ob man lachen, weinen oder einfach nur Angst haben sollte. 


Arrested Drunk Guy Sings Queen's Bohemian Rhapsody 

 

Der Titel des Videos sagt ja bereits alles: Gleichzeitig extrem witzig und ebenso beeindruckend: Wünschen wir uns nicht alle, einmal so etwas großartiges zu tun, während wir absolut betrunken sind, anstatt einfach nur Mist zu reden und umzufallen? 

Sonntag, 6. Mai 2012

Liebeserklärung an ein Album: The Devil And God Are Raging Inside Me von Brand New


The Devil and God are raging inside me ist ein Album das zuallererst einmal in die kleine Gruppe der Alben gehört, an die ich keine großen Erwartungen hatte, nur um dann komplett umgehauen zu werden. Die Band Brand New aus New York begann mit Your Favorite Weapon als harmlose aber unheimlich eingängige Pop Punk Band. Zwar waren es simple Songs voll von lyrischen Rachefantasien und Selbstmitleid, aber es machte einfach Spaß. Mit Deja Entendu folgte eine Wendung zu einem ernstem, tiefgründigeren und für mich deutlich überschätzten Emo/Alternative-Mix, komplett mit klischeehaften Texten und Songtiteln. Die Band wurde trotzdem oder gerade deswegen erfolgreich und etablierte sich als scheinbar typische Teenie-Band, hinter der aber schon damals etwas mehr zu stecken schien.

Das Brand New ihre verborgenen Stärken jedoch so umfassend präsentieren würden, damit hatte wohl keiner gerechnet. Nach dem großen Erfolg von Deja Entendu und dem Wechsel zu einem Major Label wäre der nächste, logische Schritt wohl eine schwächere Kopie des Vorgängers oder bestenfalls eine sanfte Weiterentwicklung mit größerem Pop-Appeal gewesen. Stattdessen ist The Devil and God are raging inside me eine bombastische, musikalische Offenbarung zwischen wütenden Ausbrüchen und schmerzhaft intimen Geständnissen. Es gibt auf dieser Platte keine leichten Momente, keinen Humor und auch (fast) keine poppigen Hits (im eigentlichen Sinne). Stattdessen ist alles so groß angelegt, so ernst und so dramatisch, dass es eigentlich anstrengend und durchaus auch mal peinlich sein müsste, wenn es nicht so meisterhaft und mitreißend umgesetzt wäre. Und so lösen sich diese Einwände in Sekundenschnelle auf. Bereits das unheimliche, stimmige Cover und der plakative Titel wären bei anderen Bands bloß "Emo"-Klischees, sind aber im Kontext des gigantischen Sounds von Brand New einfach nur stimmig. Der Titel The Devil and God are raging inside me kam laut Sänger Jesse Lachey nach einem Gespräch mit dem manisch-depressiven und schizophrenen Kult-Musiker Daniel Johnston zustande, passt aber auch hervorragend um die musikalische und lyrische Achterbahnfahrt dieses Albums, zwischen leiser Melancholie und schreiender Verzweiflung, zu beschreiben. Musikalisch ist die dazugehörige laut-leise Dynamik mit Anteilen von Emo, Hardcore, Indie und Grunge sicher nichts neues, aber so expansiv und in sich geschlossen, dass sich das Gehörte sofort meilenweit über die unzähligen, vergleichbaren Bands erhebt. Das die Songs so frisch und roh klingen, sich aber trotzdem zu einem so durchdachten und geschlossenen Ganzen zusammenfügen, ist sicher zum Teil dem langen Entstehungsprozess der Musik zu verdanken. Nachdem eine Reihe von halbfertigen Songs geleaked wurden, begann die Band frustriert noch einmal von vorne, schrieb gänzlich neu oder veränderte das bereits Veröffentlichte noch einmal massiv. Die Frustration über den Leak und der zunehmende Druck ein gutes Album zu schreiben, verband sich so mit den durch die lange Schreibzeit langsam gereiften Song-Gerüsten, zu diesen überraschend großartigen Liedern.

 
Der Opener Sowing Season beginnt leise und resigniert, explodiert dann unerwartet in yeah-Rufe, die irgendwie auch noch gut und keineswegs so peinlich klingen, wie es beim lesen klingt. Dazwischen balanciert Jesse Lachey eindrucksvoll zwischen ruhiger Melancholie und trotzigem Zorn. Wie alle Texte auf diesem Album sind seine lyrics hier nicht einfach verständlich, aber nichts desto trotz poetisch und einprägsam. Der Song endet mit den simplen aber fantastischen Zeilen „I'm not your friend, I'm not your lover, I'm not your family!“, die zusammen mit dem riesigen Riff einfach dazu zwingen die Faust in den Himmel zu strecken und mit zu schreien.

Die Single Jesus ist so etwas wie ein offener Brief an Jesus über die großen Fragen des Lebens: Was tun gegen die Einsamkeit? Warum all der der Hass? Was kommt nach dem Tod? Dabei verdient die Band schon einen Preis dafür, den Song weder gotteslästerlich noch übermäßig christlich daherkommen zu lassen und stattdessen biblische Symbole in eine philosophische Gedankenspinnerei über die typischen Fragen des Lebens einzubinden. Davon abgesehen ist Jesus aber auch einfach ein melodischer Geniestreich.

Der thematisch und musikalisch heftigste Song auf dem Album ist das knapp 8-mintüge Limousine (MS Rebridge), der sich mit dem Tod der erst 7-jährigen Katie Flynn beschäftigt. Das Mädchen wurde auf der Heimfahrt von einer Hochzeit, auf dem sie Blumenmädchen war, von einem betrunkenen Fahrer getötet. Ein solches Thema kann schnell erdrückend und schwerfällig daherkommen, aber Brand New erzählen den Unfall aus mehreren Perspektiven (Katie, ihre Mutter, der betrunkene Fahrer) und bilden dabei langsam eine kaum auszuhaltende Spannung auf, die sich dann in einem kurzen Gitarrenriff entlädt, dass die bereits angesammelte Gänsehaut noch einmal vervielfacht und meiner Meinung nach der größte Moment auf einem Album voller großartiger Momente ist.

Der beste Song aber bleibt für mich Degausser. Ein Degausser ist ein Gerät zur Entmagnetisierung bzw. Datenlöschung und dient hier scheinbar als Metapher für eine epische aber auch zerstörerische Liebe. Sänger Jesse Lacey schwankt absolut eindrucksvoll zwischen Resignation, Flehen und wütendem Aufschrei. Dazu gibt es gigantische Gitarrenriffs und einen dramatischen Kinderchor, die den Song bis zum Ende hin zu einem immer breitwandigeren Rocker machen, der emotional aufwühlt und so schnell nicht mehr loslässt. Was diesen Song, ebenso wie das ganze Album, so einzigartig macht sind diese alles durchziehende Emotionalität und diese sich immer wieder entladende Frustration, die im Gegensatz zu den Millionen so künstlich wirkenden Emo- und Alternative Rock-Bands auch nach dem hundertsten Hördurchgang noch überraschen, erschrecken und einfach mitreißen.

"I used to pray like God was listening.
I used to make my parents proud.
I was the glue that kept my friends together,
Now they don't talk and we don't go out."
 


Ältere Liebeserklärungen: hier, hier und hier