„Weißt du, was ich manchmal denke? Es
müsste immer Musik da sein. Bei allem was du machst. Und wenn's so richtig
Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo es am
allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen
einen Moment.“
Manchmal vergisst man Filme, die einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, aus
unerklärlichen Gründen bis man zufällig wieder auf sie stößt und sich dann
fragt, wie das bloß passieren konnte? So ging es mir mit Absolute Giganten, dem
wunderbaren Erstlingswerk von Sebastian Schipper. Beim DVD-Kauf von dessen
viel gelobten neuen Films Victoria, bemerkte ich, dass Absolute Giganten
ebenfalls von Schipper war und ich vage, angenehme Erinnerungen an den Film hatte. Ich war aber keinesfalls darauf vorbereitet, wie tief mich der Film nach einem erneuten Schauen bewegen und berühren würde...Absolute Giganten ist kein Meisterwerk,
sondern ein kleiner, ehrlicher und trotzdem auch irgendwie bahnbrechender und nicht zuletzt wunderschöner, deutscher Film.
Die Handlung von Absolute Giganten ist dabei schnell erzählt. Floyd
(Frank Giering) verlässt nach dem Ende einer Bewährungsstrafe sein tristes
Leben in Hamburg, um auf einem Frachtschiff anzuheuern und das Glück zu
finden. Seine letzte Nach zuhause verbringt er mit seinen besten Freunden,
dem stillen Automechaniker Walter (Antoine Monot jr.) und dem lauten
Möchtegern-Rapper Ricco (Florian Lukas). Das ist Alles. Es ist ein Film über
das Erwachsen werden, über Verlust, die Suche nach dem Glück und vor allem über
die Freundschaft. Sebastian Schipper sagte in einem Interview dazu ebenso passend, wie poetisch, dass die
Freundschaft in seinem Film stirbt und gerade deswegen unsterblich wird.
Wie so
oft in ähnlichen Filmen erleben die drei Freunde wilde und absurde Sachen
in ihrer letzten Nacht zusammen. Doch anders als in diesen Filmen, legt Absolute
Giganten Wert darauf, diese Sachen - im Kontext der Lebenswelt seiner Figuren - realistisch zu gestalten . Es gibt also keine großen Action-Szenen, Liebesbeweise oder welterschütternde Ereignisse, sondern eine Nacht voll Alkohol, Albernheiten und einem
Tischkicker-Spiel. Letzteres ist eine der besten und visuell ansprechendsten
Szenen des Films und wird dadurch zu einer überraschend mitreißenden und
spannenden Angelegenheit. Das Spiel ist für die Protagonisten eine große Sache und
wird es durch die gekonnte Umsetzung für den Zuschauer auch. Das gilt auch für alle anderen, eigentlich unspektakulären Szenen dieses Films.
Vor ihrer spektakulären, aber eigentlich doch irgendwie banalen letzten Nacht zusammen,
zeigt Schipper kurz das gewöhnliche bis deprimierende Leben der drei Hauptfiguren. Er behandelt
sie aber nie als Verlierer, schaut nie auf sie herab. Stattdessen
lässt er immer offen, ob Floyd, Walter und Ricco nicht doch eigentlich glücklich sind oder zumindest
glücklich werden könnten.
Am wichtigsten ist dabei die Freundschaft der drei, die im Laufe des Films viele Höhen und Tiefen durchlebt, aber von Anfang an natürlich und glaubwürdig ist. Ricco und Walter sind wütend darüber, dass Floyd sie im Stich lässt und Floyd scheint sie manchmal schon gedanklich zurück gelassen zu haben. Doch sie raufen sich immer wieder zusammen und zeigen in kleinen, glaubwürdigen Momenten, warum ihre Freundschaft so etwas Besonderes ist.
Am wichtigsten ist dabei die Freundschaft der drei, die im Laufe des Films viele Höhen und Tiefen durchlebt, aber von Anfang an natürlich und glaubwürdig ist. Ricco und Walter sind wütend darüber, dass Floyd sie im Stich lässt und Floyd scheint sie manchmal schon gedanklich zurück gelassen zu haben. Doch sie raufen sich immer wieder zusammen und zeigen in kleinen, glaubwürdigen Momenten, warum ihre Freundschaft so etwas Besonderes ist.
Absolute Giganten ist oft sehr witzig, manchmal wirklich spannend und
hat etwas von einem Road-Movie (auch wenn er nur innerhalb einer Stadt spielt).
Doch darunter ist der Film immer durchzogen von einer fast schmerzhaften Melancholie
und Sehnsucht. Floyd will schon lange fort aus seinem Leben und endlich einen
Sinn oder das Glück zu finden. Auch seine Freunde scheinen gefangen in ihrem
tristen Leben. Auch die tragische Lebensgeschichte hinter der Alkohol- und Partyfassade von Floyds mysteriöser Nachbarin Telsa (Julia
Hummer) wird effektiv angedeutet, Und dann ist da natürlich noch die bereits erwähnte
Freundschaft, die hier gleichzeitig gefeiert und doch auch zu Grabe getragen
wird. Das alles wird noch unterstützt von den Bildern und der Musik des Films.
Hamburg ist als Hintergrund graue und frustrierende Realität und doch, symbolisiert durch Hafen und Meer, auch Sehnsuchtsort. Und der fantastische Soundtrack intensiviert diese Sehnsucht noch um
ein Vielfaches. Allen voran ist hier die Song Reprise der Band Sophia zu nennen, der so etwas wie ein wiederkehrendes Motiv ist und innerhalb von Sekunden jedes
Mal das Herz schwer macht. Ansonsten sorgen vor allem die damals noch
unbekannten The Notwist für die passende musikalische Untermalung von Absolute Giganten.
Schaut man sich die Karrieren der Beteiligten heute an, wird klar, dass
das Casting von Absolute Giganten ein absoluter Glücksgriff war. Antoine Monot
jr. ist mittlerweile als Werbefigur von Saturn, als Darsteller in Ein Fall für Zwei
oder Tatort und als Buchautor und Produzent allgegenwärtig und mehr Kunstfigur als Mensch. Seinen Durchbruch erlangte er aber in diesem kleinen, so menschlichen Film. Florian
Lukas war schon vor Absolute Giganten bekannt, ist aber mittlerweile aus dem
deutschen Film nicht mehr weg zu denken und schafft es immer wieder ähnlich
anstrengenden Figuren wie Ricco Herz und Tiefe zu geben. Julia Hummer schaffte es ohne
Schauspielausbildung und mit minimalem Dialog einen tiefen Eindruck zu
hinterlassen - eine Qualität die sie danach oft wiederholte. Und dann ist da
noch Frank Giering, der als einer der großen Schauspieler Deutschlands galt und
doch weitgehend unbekannt und einsam 2010 an einer Alkoholvergiftung starb. Gemeinsam
füllten sie einen dramaturgisch manchmal etwas holprigen Film mit ganz viel Leben und machten etwas Besonderes aus ihm.
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