Es gibt zwei "Probleme" mit Fringe, die es mir sehr schwer machen die Serie ausreichend zu beschreiben und noch schwerer andere mit meinem Enthusiasmus dafür an zu stecken.
Das erste Problem ist der Aufbau der Serie. Sie begann als groß angelegte Sci-Fi-Show, die eine ganze Weile brauchte, um seine Hauptfiguren richtig gut zu schreiben und die Frage wohin die Reise endgültig gehen sollte. Am Anfang hatten die Figuren (wie so oft bei ambitionierten Serien) noch keine richtige Tiefe und die Schauspieler wussten nicht wirklich, wie sich diesen Rollen nähern sollten. Hinzu kam, dass Fringe in seiner ersten Staffel noch zu sehr auf Stand-Alone-Episoden baute, die eine extrem durchdachte und zunehmend spannende Hintergrundhandlung immer wieder unterbrachen. Doch spätestens in der zweiten Staffel wurde Fringe von einer guten Serie zu einer fantastischen Serie. Ich denke es half ein wenig, dass die Serie nie ein Hit war und der Sender und die Macher sich stattdessen auf die treue und begeisterte Fanbasis konzentrieren konnten. Fringe baute langsam eine komplexe und wunderbar durchdachte Mythologie auf, die viele klassische Science Fiction-Konzepte berührte und ihnen gleichzeitig innovative Einschläge hinzufügte.
Und damit kommen wir zu dem zweiten Problem. Egal von welcher Seite aus ich versuche mich Fringe zu nähern, es klingt nicht besonders schmeichelhaft. Von Anfang an wurde die Serie mit Lost, Alias und Akte X verglichen und schlimmstenfalls als bloßer Abklatsch davon abgetan. Mit Alias hat die Serie aber nur den Schöpfer (J. J. Abrams) gemeinsam und die Tatsache, dass eine Frau die Hauptrolle spielt. Akte X war sicher die Serie, die groß angelegte Mysterien und eine unvergleichliche Seltsamkeit in amerikanischen Fernsehserien popularisierte. Davon und von einigen Ideen für seine Fälle hat sich Fringe sicherlich inspirieren lassen. Sonst haben die beiden Serien allerdings nicht viel gemeinsam. Bei Lost sind die vermeintlichen Parallelen am hinderlichsten. Seit diese Serie das Tor öffnete für komplexe Serien, die ihren Zuschauern eine gewisse Intelligenz und Aufmerksamkeit abverlangten, versuchten alle Sender mehr oder weniger schlechte Kopien von Lost zu machen. Und diesen Vorwurf musste sich auch Fringe gefallen lassen. Neben dem selben Macher, teilweise den selben Schreibern und einem ähnlichen Soundtrack ist es eben auch diese groß angelegte Mythologie voll mit ungeklärten Fragen und Cliffhangern, die bei oberflächlicher Betrachtung an Lost erinnert. Doch in einigen Aspekten haben die Fringe-Schreiber auch aus den Fehlern von Lost gelernt und machen es einfach besser. Wo Lost zum Beispiel so damit beschäftigt war immer neue Rätsel zu erschaffen, die am Ende unmöglich alle halbwegs sinnvoll aufgelöst werden konnten, fing Fringe langsam an und hat bis jetzt schlüssig und logisch seine Welt und seine Mythologie erweitert. Natürlich gibt es auch hier Cliffhanger und eine langsam eskalierende Skala der unglaublichen Ereignisse. Aber im Gegensatz zu Lost hat die Serie bis jetzt nicht vollkommen unerwartet ihre Richtung geändert und wirkt als ob sie auf ein befriedigendes und vor allem geplantes Ende zusteuert. Dazu kommt, dass die Figuren viel mehr Klartext reden, statt wie bei Lost ständig alles geheim zu halten oder unklar auszudrücken. Die Spannung bleibt, aber der Frustrationsgrad ist deutlich geringer.
Es gibt aber natürlich auch noch weitere Gemeinsamkeiten mit Lost, die Fringe gerade zu so einer guten Serie machen. Im Prinzip geht es in der Serie um Olivia Dunham (Anna Torv), die für das FBI arbeitet, bis sie durch einen mysteriösen Fall mit der Fringe Division in Berührung kommt, für die sie in Folge arbeiten wird. Diese Regierungsabteilung kümmert sich um alle möglichen seltsamen und unerklärlichen Vorkommnisse und Verbrechen. Olivia benötigt für ihren ersten Fall die Hilfe des ehemals genialen, jetzt aber leicht wahnsinnigen Wissenschaftlers Walter Bishop (John Noble). Dieser wiederum kann nur durch Einverständnis seines Sohnes Peter (Joshua Jackson) die Irrenanstalt in der er sich befindet, verlassen. Zunächst widerwillig und voller Skepsis, bilden die drei bald ein eingespieltes Team. Diese kurze Beschreibung klingt, besonders für Menschen, die Science Fiction eher nüchtern betrachten, nicht besonders spannend. Mehr von der Mythologie zu erzählen ist daher zwar verlockend, verdirbt aber potentiellen Zuschauern sicherlich die Freude bei der langsamen Entdeckung dieses meisterhaft aufgebauten Universums. Stattdessen komme ich zurück zu einer der Gemeinsamkeiten mit Lost. Denn das eigentlich Herz der Serie sind auch hier die Personen und ihre Beziehungen zueinander. Auch für Leute, die sich nicht so sehr für Science Fiction, Horror, Thriller oder Aspekte zum nachdenken interessieren, kann Fringe so zu einer guten Serie werden. Hauptfigur Olivia Dunham war zu Anfang der Serie noch eine sehr genre-typische Rolle. Die talentierte, leicht unterkühlte Bad Ass-Agentin mit leichten, emotionalen Problemen. Doch Darstellerin Anna Torv gab zusammen mit den Schreibern dieser Rolle so viel Tiefe und Authentizität, dass sie sich ohne Zweifel zu einer meiner absoluten Lieblingsfiguren im Fernsehen entwickelt hat. John Noble dagegen spielt seine auf dem Papier so klischeehaft wirkende Rolle des „verrückten Professors“ einfach meisterhaft, stürzt den Zuschauer in eine Wechselbad der Gefühle, wenn er zwischen Tragik und Komik schwankt und macht ihn unvergleichlich liebenswert. Die sich im Laufe der Serie entwickelnde Vater-Sohn Beziehung der so entfremdeten Bishops ist ebenso herzerwärmend wie realistisch. Und dann wäre da noch die scheinbar obligatorische Liebesbeziehung zwischen Olivia und Peter. Doch auch hier macht die Serie alles richtig. Die Beziehung der beiden entwickelt sich äußerst langsam, aber überaus organisch aus der am Anfang so ungewissen Partnerschaft. Die Serie verzichtet dankbarerweise auf das sonst so übliche „Will they, won't they“-Spiel und lässt den Figuren stattdessen Zeit sich zu entfalten und zu einander zu finden. Die Dynamik zwischen diesen drei ist es also schon wert Fringe eine Chance zu geben, ebenso wie das Talent der Schauspieler und das Leben mit dem sie diese tollen Figuren ausfüllen.
Um aber noch mal auf die Atmosphäre der Serie zurück zu kommen. Die Fälle des Fringe Teams sind immer spannend, oft sehr unheimlich und gerne auch mal ein wenig eklig. Oft sind sie gleichzeitig aber auch zutiefst berührend und schaffen damit den seltenen Spagat zwischen intelligenten, innovativen Science Fiction-Geschichten, die nie die emotionale Komponente vernachlässigen. Die Monster und Verbrecher bei Fringe sind, ebenso wie das Fringe-Team selbst, komplexe, oft verzweifelte oder missverstandene Personen (dazu fast immer von sehr guten Schauspielern verkörpert). Die Wendungen und Auflösungen (und davon gibt es, im Gegensatz zu Akte X oder Lost immerhin einige) der Fälle sind schlüssig und dennoch meist überraschend. Und noch dazu passen sie sich wunderbar in die mysteriöse Welt von Fringe ein und haben dort ihren Platz in der Gesamtmythologie.
Wie es aussieht wird die aktuelle, vierte Staffel auch die letzte für Fringe bleiben, aber so kann die Serie immerhin für sich behaupten, immer besser und mutiger geworden zu sein. Und ein geplantes und schlüssiges Ende hat die Serie angeblich auch schon geplant, geschrieben und abgedreht. Doch völlig unabhängig davon haben die Macher von Fringe eine faszinierende Welt erschaffen, die zu erfoschen sich auf jeden Fall lohnt und ein paar wunderbare Fernseh-Figuren, die jeder Fan liebevoll gemachter TV-Unterhaltung kennen lernen sollte!
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